November 2022 – Hunger in Spielfeld – Schon mehr als 400 Fluchtüberlebende leiden wochenlang bei nasser Kälte in Zelten
Es braucht Zimmer statt Zelte von Innenministerium und Landesregierungen & Menschlichkeit jetzt sofort. (Liste für ad-hoc Unterstützung und Sammelstellen unten)
Mehr als 400 Menschen, die gerade die Flucht über die Balkanroute überlebt haben, werden in drei Großzelten der Landespolizeidirektion am Bundesstraßengrenzübergang zu Slowenien ohne ausreichende Versorgung und medizinische Unterstützung wochenlang ‚zwischen’gelagert.
Sie kommen aus Raqqa, Hama und Idlib in Syrien, sind Anfang 20 und haben den Kriegsdienst verweigert, sie kommen nach jahrelangem Exil in der Türkei, weil sie ihre Kinder nicht mehr ernähren können, sie kommen aus Marokko, weil das Arbeitseinkommen dort nicht mehr zum Überleben reicht…
Mehr als drei Monate haben sie sich trotz andauernder Pushbacks der folternden griechischen Grenzpolizei am Evros-Fluss bis nach Österreich durchgeschlagen. Tagelange Fußmärsche, Hundebisse der bulgarischen Grenzpolizei und der meterhohe Stacheldrahtzäune in Ungarn haben sie tief in ihrer Seele und an ihren Körpern verletzt.
Und jetzt sind sie da: in einem mäßig warmen Großzelt am Grenzübergang Spielfeld, wo sich eine Campingliege an die andere reiht. 4 Scheiben Toastbrot und eine Flasche Wasser zum Frühstück, ebenso unzureichend das Abendessen um ihren ausgemergelten Körpern Kraft zu geben, kein Tee, um sich bei frostigen Temperaturen innerlich aufzuwärmen, keine Kleiderausgabe, um die stinkenden Lappen, die von der Flucht geblieben sind, auszutauschen. Kein Rotes Kreuz, das für die Versorgung der vielen Verwundeten und Kranken da wäre.
Ein Lager, in dem jeder eine Nummer am Arm trägt. Schon zwei Wochen warten viele auf einen Transfer in ein festes Quartier, obwohl ihr Asylantrag längst protokolliert ist.
Spielfeld wird wieder zum Lagerplatz. Nicht nur von der ungarischen Grenze werden sie hierhergebracht mit Bussen oder weil sie sich mit einem Zugticket, das sie von der Behörde bekommen haben, selbst bis zum entlegensten Lager Österreichs durchgeschlagen haben. Auch wenn die BBU-Einrichtung in Graz oder Schwechat, der sie zugewiesen sind, überfüllt ist, oder sie nach einem Krankenhausaufenthalt in Wien obdachlos auf die Straße gestellt werden, heißt es nun : Ab nach Spielfeld ins Zelt.
Keine Menschen, sondern Nummern werden von Spielfeld nach langen Tagen der Ungewissheit, des Hungers und der Kälte ins nächste Zwischenlager, in die nächste Halle transferiert. Destination ungewiss, sagen auch die Beamten, die vor den Zelten Wache halten. „Sie sind freie Menschen“, sie können ja auch gehen.
Wer nicht gehen kann, wer sich auf Krücken bewegt und fiebert, weil ihm der ungarische Grenzzaun tief im Fleisch steckt, muss selbst sehen, wie er überleben kann. Kein Arzt vor Ort ist für seine Wunde zuständig, kein hygienischeres Umfeld als das stinkende Zelt geben die Beamten frei, kein Platz in der Landes-Grundversorgung der Steiermark wird gesucht, obwohl die Aufnahmequote nicht erfüllt ist. Taube Ohren auf Seiten der Landesregierungen. Totalversagen im Innenministerium.
So heißt das reiche Österreich 2022 Kriegs- und Fluchtüberlebende willkommen. Die Schande könnte kaum größer sein.